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Protokoll der Himmelfahrtsfahrt 2008
23. Ausfahrt moderner Zeitrechnung

  Die Himfa-Teineli 2008 führt wieder in 21 Zeilen 22 Männer auf, von denen sich 19 pünktlich am Hauptbahnhof Halle treffen. Hans, wie üblich, ersteht wie Phönix aus der Asche am Zielbahnhof Wittenberg. Von der Zugfahrt keine besonderen Vorkommnisse, da von Karsten organisiert. Unser erstes Ziel ist der Park hinter der Schloßkirche, wo ein halbes Dutzend Himmelfahrer mit Deckeln und Zweckeln ausgezeichnet werden und endlich der Addel aus dem Kreis der Ordenslosen heraustritt. Damit hält er, der mit seinen Vorträgen schon immer viel für die Bildung der Himmelfahrer getan hat, sich nun wohl besonders berufen die Hinmmelfahrerwelt noch besser zu machen. In, mit Diagrammen versehenen, Statistiken meint er eine Überalterung unserer Gruppe festzustellen, nur weil wir schon heute mit unserem Altersdurchschnitt da sind, wo der Rest der deutschen Gesellschaft erst in 30 Jahren sein wird. Verbesserungsvorschläge hat er auch, z. B. Frauen in die Gruppe aufzunehmen. Da hat Addel wenig, nein überhaupt nicht, nachgedacht. Denn es gibt etwa 3 Möglichkeiten. 1. wir nehmen unsere eigenen Frauen mit (das jetzt mal nur unter dem Gesichtspunkt des Altersdurchschnitts – andere Gründe, die dagegen sprechen, lassen wir mal außen vor; soviel Platz und Zeit ist hier jetzt nicht). Also lassen wir unsere Frauen im Durchschnitt 4 Jahre jünger sein als die Männer, dann haben wir in 2 Jahren unseren heutigen Wert schon wieder erreicht – das lohnt nicht. 2. Wir nehmen jüngere Frauen mit. Jüngere Frauen, die freiwillig mit uns mitfahren würden, müssen Mängel haben, die eine Teilnahme von vorn herein ausschließen und um 3. vernünftige, also vernünftig nicht nur vom Intellekt her, Frauen durch Bezahlung zur Teilnahme und (nur) zur Senkung des Altersdurchschnitts zu bewegen – dazu sind die meisten von uns zu geizig. Mit solchen Ideen setzt Addel seinen gerade erhaltenen Orden gewaltig aufs Spiel.

 Es wird nun also höchste Zeit etwas kulturelles zu machen – wir beschließen, den Turm an der Schloßkirche zu besteigen. Das können nicht alle machen, denn es muß auf unsere Fahrräder aufgepaßt werden. Ein flinker Wächter mit Adleraugen soll für diese Aufgabe gewonnen werden. Die Wahl fällt nicht schwer. Alle, einschließlich ihm selber, halten den Filzhut für bestens geeignet. Er nimmt im Gasthaus gegenüber Platz, tarnt sich hinter einem halben Liter Bier, und als die Hitze des Morgens es ihm fast ausgetrocknet hat, bestellt er schnell ein neues – alles zur Tarnung. Einige helfen dem Filzhut, die anderen besteigen den Turm. Die Bewachung der Fahrräder klappt gut und nun wollen die Turmbesteiger auch wissen wie anstrengend so eine Fahrradbewachung hinter einem Humpen ist.

 Schließlich fahren wir dann doch los an die Elbe, einen Platz für unser Frühstück zu suchen. An Bänken oder besonders schönen Stellen fahren wir vorbei, um dann unmittelbar neben dem Radweg auf einer Allerweltswiese etwas zu essen und zu trinken. Und wir haben dabei immer genug Publikum , das uns etwas zuruft oder dem einer von uns mit einer Bemerkung den Rest des Tages verdirbt. Besonders Frauen sind da gefährdet. Ist ja auch ein seltsamer Tag, an dem Himmelfahrt und der 1. Mai zusammenfallen. Das war zuletzt 1913 und wird erst wieder 2160 sein. Carl Friedrich Gauß (1777-1855), dem Erfinder der Osterformel, kann man daraus keinen Vorwurf machen. Wenn in seiner Formel I-J gleich -5 ist, dann ist Himmelfahrt am 1. Mai und das dies von sich aus schon ein Feiertag ist, haben erst Leute erfunden als Gauß schon lange tot war.Hoppi hat dieses besondere Zusammentreffen mit dem Lied ‚Wann wir rollen Rad and Rad’ gewürdigt.

  Nächste Station ist Elster, wo uns die Fähre über die Elbe bringen soll, aber davor haben die Götter oder ein anderer kleiner Halbgott den Vortrag von Peter D. aufs Programm gesetzt. Wir erfahren wo 1813 welche Armee stand und ging und was Napoleon dachte und was er dachte was York gedacht haben könnte, wenn der gewußt hätte... . Spätestens an solchen Stellen schaltet sich Hoppi in den Vortrag und bald erfahren wir dann noch, ob es an diesem Tag für die Soldaten Bohnen- oder Erbsensuppe gab, und wenn Erbsen, ob mit oder ohne Bockwurst und wenn mit, ob nach halberstädter oder frankfurter Art. Fritz nutzt die Zeit zur Reparatur seines Schlauchs, am Fahrrad. Diese Reparaturversuche setzen sich erfolglos bis zum nächsten Morgen fort.

 Wartenburg ist das nächste Ziel. General York darf sich mit dem Zusatz „zu Wartenburg“ zu seinem Name nach seinem Sieg an diesem Ort schmücken. Ein Heimatfreund zeigt uns wo das Denkmal mit dem Eisernen Kreuz stand und jetzt steht und dann besichtigen wir das Museum, das seine Räumlichkeit neben der des Karnevalvereins hat. Die Bilder der kurzberöckten Funkenmariechen im Flur interessieren so manchen mehr als die Exponate zur Schlacht. Ein Diarama stellt detailliert die seinerzeitige Überquerung der Elbe auf zwei Brücken dar. Natürlich ist auch ein Soldat zu sehen, der hinter einem Busch seine Notdurft verrichtet. Das hält der Heimatfreund für besonders originell, dabei gibt es kein Diarama dieses Genres, das dies nicht darstellt. Es wäre also besonders originell, wenn dies fehlen würde.    

 Nächster Halt ist dann im Gasthaus ‚Zum Mittelpunkt’. Dieses Gasthaus steht an der Kreuzung einer unbedeutenden Landstraße mit einem Feldweg. Um ein weiteres Haus zu sehen, müßte man bei klarer Sicht auf das Dach der Kneipe klettern. Wovon dieses Gasthaus der Mittelpunkt ist, konnte nicht ausgemacht werden. Sollten theoretische Physiker noch auf der Suche nach dem Mittelpunkt vom Nichts sein, vielleicht mal da nachsehen. Wann und in welcher Farbe der Gastraum zuletzt gestrichen worden ist, war auf den ersten bis dritten Blick nicht zu erkennen und öfter hat keiner nachgeschaut. Die oberste Schicht besteht aus Qualm von Marlboro, Camel und F6, darunter ist Juwel 72, Semper und F6, und ob dann schon Farbe oder doch erst noch Junorauch von Soldaten auf Fronturlaub kommt? Die letzte Modernisierung ist die Verkleidung der Theke mit Sprelacart und Aluschienen. Das Material könnte aus dem Waggonbau Ammendorf stammen, so sahen in den 60iger Jahren die Doppelstockzüge aus. Die Gläser sind die guten 0,25er aus der Mitropa, wo ein Glas Helles noch 40 Pfennige gekostet hat. Und es ist keins kaputt gegangen, denn unser Gesang am runden Tisch, sozusagen im Mittelpunkt vom Mittelpunkt, wurde nicht durch Faustschläge von Hornano auf den Tisch begleitet, die die Gläser einige Zentimeter in die Höhe springen lassen. Das hätten die nicht überstanden.

 Die Wirtin bringt Text und Noten von der ‚Lindenwirtin’, was wir laut schmettern und nach unserem etwa halbstündigen Aufenthalt sitzen immer noch Gäste im Gastraum. Sonst hatten wir spätestens nach 10 min. immer alle vertrieben. War unser Gesang, obwohl oder weil Detlef nicht dabei war, besser als sonst. Sicherlich nicht. Die Leute hier scheinen nur sturer oder anspruchsloser als in anderen Landesteilen zu sein. Werten wir unseren Beitrag als kulturellen Höhepunkt 2008 für diese Kneipe. Vor der Abfahrt sollte man noch die Toilette aufsuchen. Die Älteren, also die meisten von uns, kennen noch die Dorf- und Mitropakneipen, wo in einem Schuppen oder Stall eine Wand geteert war und in einer Rinne das abgeschlagene Wasser in dunkle Kanäle oder auf den Misthaufen im Hof geleitet wurde. Einmal die Woche wurde Kalk oder Chlor in diese Rinne gestreut um ein Beißen in der Nase zu erzeugen, das jegliche Geruchswahrnehmung verhinderte. Der Teeranstrich wurde dann einmal im Jahr erneuert wegen der Ästhetik. Und so ein Exemplar von Toilette finden wir im Gasthaus zum Mittelpunkt – nur ganz ohne Teeranstrich und Kalk/Chlor-Behandlung.

 Nächste Station ist Kemberg, wo die Küster gerade die Kirche abschließen wollen, weil wir wohl schon so etwa 2 Stunden überfällig sind. Von der Burg Kemberg weiß man nicht viel, nicht mal wo sie gestanden hat – Karstens Thema. Uwe P. über Malerfamilie Cranach. Ein Cranachaltar in der Kemberger Kirche ist vor einigen Jahren einem mysteriösen Brand fast vollständig zum Opfer gefallen. Die Zeit drängt, wir wollten noch zum Ochsenkopf, den wir nun aus dem Programm streichen, und Richtung Radis eilen. Einige machen noch einen kurzen Halt in einer Gaststätte, wo ein Hutzelmännlein auf öko und vegetarisch macht. Dem würde ein gelegentliches Eisbein gut zu Gesicht, Bizeps und Bauch stehen. Irgendwie gelingt es ihm dann aber doch, jedem ein Bier hinzustellen.

 Endlich dann Radis und Quartierbezug, noch etwas essen und trinken und am nächsten Morgen die üblichen Spekulationen wer denn nun wie geschnarcht hätte. Einige nehmen den Zug ab Radis, andere einige Stunden später einen ab Bitterfeld, zur Rückreise nach Halle. Hier führt der Weg dann die Hartgesottenen über die Sternstraße und die Post an den heimischen Herd, oder wer oder was ihn sonst erwartet.  

Aktivitäten:

Karsten Die Burgen von Kemberg und ihr Platz in der Stadtgeschichte
Hans + Konrad Das Schweigen im Elbtal / Etappenhengst(e)
Michael Luther als Urformer der deutschen Sprache?
Filzhut Aufklärer für streckennahe Getränkestützpunkte
Hoppi Wer, wenn nicht er, ohne! .....
Fritze Platzhalter / Kleine Kunde der Reformationsstätten in Wittenberg
Werner Die Elbfähren der nahen Umgebung, besonders die von Elster.
Theo Vorsorger / Unser aller ViehTheo
Jens Diensthabender Mechanikus I / Fötiator
Uwe L. Elbfährmann und Erkunder von Alternativrouten / Feldnachrichtendienst I (FND)
Hornano Ein ächt Lutherisch Hochzeit- und Heimatlied Hornfriedolin
Uwe Pf. Die Malerdynastie Cranach in Wittenberg / Skizzenbuch
Tobias Elbradwegpfadfinder sowie Bier-Wünschelroutengänger für Durstige
Klaus Seit bzw. bis wann hat Radis einen Bahnhof? / DoKiSta
Bernhard Von Nixen und Waldschraten (Regionale Sagenkunde)
Jochen Warum kann man aus Melanch-Ton keine Gefäße formen / Protokollante
Heinz Die berühmteste Galle von Radis / Digi-Berg-und -Tal-Photograph
Bernd N. Die Herren der Häuser in Wartenburg und Radis / FND II
Uwe S.-H Woher der Ochsenkopf seinen Namen hat / Bergbau am Wege
Peter  Die Schlacht bei Wartenburg und ihre Bedeutung für die Weltgeschichte

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