Protokoll der Himmelfahrtsfahrt 2023 38. Ausfahrt moderner Zeitrechnung |
Bei den Schwaben heißt es “nix g'schwätzt is g'nug gelobt“, oder auf Hochdeutsch „Nichts gesagt oder nicht geschimpft, ist Lob genug“. Schon zur Bewertung von Hornanos Vorbereitung für unser Treffen hätte sogar ein maulfauler Schwabe ein mehrstrophiges Loblied anstimmen müssen. Und, hier schon mal vorweggenommen, beim Fazit muß dies dann auch noch mehstimmig mit Pauken, Trompeten und speziell für Hornano mit Posaunen ausfallen.
Der offizielle Beginn unserer diesjährigen Ausfahrt ist um 12 im Garten von Hornano in Niemberg. Die Teilnehmer reisen individuell an, mit Auto, Eisenbahn (das sind wahrscheinlich die, die ein 49Euroticket haben und dies auch abfahren wollen) oder mit dem Fahrrad, einschließlich Schummelrad. Und sie alle finden eine perfekt vorbereitete Lokalität vor. Tische, Stühle, mehrere Sorten Bier und alkoholfreie Getränke, die immer mehr Zuspruch finden, und ein kaltes Buffet. Der Grill daneben verspricht für später anspruchsvolle und vielfältige Leckereien. Das alles hat unser Detlef perfekt arrangiert und darüber kann man doch nicht mit nix g'schwätzt hinweggehen.
Nach lockerem, zwanglosen Beginn eröffnet Hoppi die Veranstaltung mit salbungsvollen Worten und der obligatorischen Ordensverleihung. Wer nun welchen Orden hätte bekommen sollen, oder hat, oder schon längst hätte bekommen haben müssen, kann nicht abschließend vor Ort geklärt werden. Es wird hier vorgeschlagen, zu gegebener Zeit sich auf himfa.de zu informieren. Und dann möchte er für weitere Ausfahrten nicht länger die Organisation übernehmen, den Staffelstab abgeben. Anders als im englischen Königshaus ist bei uns die Thronfolge nicht geregelt. Jedenfalls könnte bei uns keine fast 100jährige Frau die Krone an einen fast 80jährigen weitergeben. Ein fehlender direkter männlicher Nachkomme bei Hoppi würde ja vielleicht den Addel auf den Schild heben. Da sind wir doch froh, daß Uwe L. das Amt übernehmen will. Die allgemeine Begeisterung darüber läßt sofort nach, als er ankündigt, die Aufgaben künftig viel mehr zu delegieren. Allgemeines Abducken wie vor der Leistungskontrolle in der Penne.
Das Protokoll ist nicht der rechte Ort, Hoppis mehr als 37 Jahre währendes Organisieren und Leiten mit sanftem Druck und weitschweifigen Kommentaren zu würdigen. Zumal nicht zu erwarten ist, daß er zukünftig in zweiter Reihe in Demut verstummt.
Der kunst- und religionsgeschichtlich und allgemein kulturelle Höhepunkt ist der Besuch der unweit gelegenen, der heiligen Ursula geweihten, Dorfkirche mit anschließender Erhellung des regionalen Bezug zu einer Ursula von nicht so weit weg. Die allgemein bekannte heilige Ursula von Köln hat sich auf ihre Jungfräulichkeit mächtig was eingebildet und sich dafür eingesetzt, daß auch einige Kolleginnen in diesem Zustand verblieben. Über den Erfolg ihrer Bemühungen ist mit letzter Gewißheit nichts bekannt Die einen sagen so die anderen so. Dies alles erklärt Erwin prosaisch am Flügelaltar, geöffnet und geschlossen. Wenig später im Garten kann er von einer Ursula lyrisch oder besser balladisch berichten. Diese Ursula, in der Gegend zwischen Niemberg und Leuna in früheren Zeiten nur als Uschi bekannt, hat, angestachelt von ihrem Vater, für die Heranschaffung der nötigen Materialien zur Errichtung vom Bornhöck gesorgt. Inhaltlich ist Erwins Ballade ein überzeugendes Werk, formal kritikwürdig. Wenn er den Vater ausrufen läßt 'Komm her meine Uschi, wir brauchen deine Hilfe', ist das wohl historisch korrekt, reimtechnisch aber eine Katastrophe. Gut, Sushi als Reim auf Uschi gab es damals noch nicht, jedenfalls nicht hier in der Gegend, und mehr fällt mir nicht gleich ein, der Kritiker muß es ja nicht besser wissen als der Autor. Somit ist hier nix g'schwätzt genug gelobt.1 Außerdem erfahren wir auch wie der später von Teller-Meller als Himmelscheibe hochgelobte archäologische Sensationsfund in Wahrheit als Abfall von den Bornhöckleuten auf dem Mittelberg bei Nebra entsorgt wurde. Damals war das Vergraben von Altmetall im Wald noch kein Umweltdelikt und nährt heute ein ganzes Museum.
Dazu dampft der Grill, von der Jugend bedient um den reiferen Teil der Belegschaft zu versorgen, Und bald beginnt der Abschied. Die in der Blüte ihrer Jahre setzen den Schlußpunkt des Tages in Kröllwitz in bewährter Tradition.
–––––––––––––––––––––––––
1 Manche Künstler machen es sich da einfacher. Die Dame, die vor dem großen Tor stand, hieß vielleicht Charlotte, was sich aber schlecht auf Laterne steh'n reimt. Und da wird dann einfach um des Reimes Willen ein anderer Name erfunden. So arbeitet lobenswerter Weise unser Erwin nicht.