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JOSEPH VON EICHENDORFF (1788 bis 1857)

Aus dem Tagebuch anlässlich einer Reise zur Nordsee. Am 10. September 1805 brach Eichendorff in Halle auf und erreichte am ersten Tag die Ufer des Salzigen und des Süßen Sees.

Am Süßen und am Salzigen See

 Gegen zehn Uhr erreichten wir das schöne Amt Seeburg, wo uns der herrliche Anblick der beiden unübersehbaren Seen (des Salz- und Süßsees) mit ihren Inseln etc. ein kleines Vorspiel der unendlichen Meeransicht, die unser harrte, gab. Wir stiegen ab und kletterten über die Berge hinab bis an den Strand, wo uns das dumpfe Brausen der Wasserfläche und die vielen tausend Wasserhühnchen, die auf den silbernen Wellen auf und ab schwankten, einen belohnenden Anblick gewährten. An dem ungeheuren See, dessen salziges Wasser wir kosteten, und rings eingeschlossen von angenehmen Weinbergen, erreichten wir zu Mittag Eisleben. Hier aßen wir dem Hause gegenüber, in welchem Doktor Luther geboren wurde, und setzten nachmittag unsere Reise weiter fort ...

Gegen fünf Uhr des Abends erreichten wir das miserable Mansfeld. Wie unangenehm überraschte uns gerade hier die niederschlagende Erklärung des Postmeisters, daß wir hiesigen Orts vor künftigem Morgen ohnmöglich Pferde erhalten können. Gezwungen also, die Nacht hier zuzubringen, bestiegen wir den nahen Lindberg, der sich gleich neben der Stadt über Bergen von Schlacken erhebt, und siehe - unser Mißvergnügen löste sich in einen herrlichen Genuß des schönen Abends auf. Ernst und schauerlich schauten die alten Ruinen der Burg Mansfeld, der Schloßhof, die Kirche, die Zitadelle, die Ringmauern mit ihren Ziergärten etc. aus vergangenen Zeiten in unsere Seele; zu unseren Füßen das Städtchen mit seinen roten Ziegeldächern und ein unübersehbares, lachendes Tal, zur Seite die Anfänge des dunkelen Harzes, rings um uns ein lieblicher Park. Das schöne Burgfäulein und ihr niedlicher Knicks nicht zu vergessen.