Protokoll '98   

Grabsprüche
von Jochen Thamm

Hier liegt schon lang' der Lange lang,
und wird noch lang hier liegen.
Er kommt nicht wieder - Gott sei Dank!
Hat's lang genug getrieben.
Er schläft - kaum kommt die Dämmerung
im Stehen, Liegen Sitzen.
Drum war es nur 'ne Umbettung
bei unserm alten Fritzen.
Der hier liegt, Dir unbekannt -
doch bestimmt mit Dir verwandt.
Aus Blut und Eisen ist der Herr,
der hierher expedieret.
Vom Blute ist kein Tropfen mehr,
das Eisen oxydieret.
Es schreibt der Journalist
im Leben sehr viel Mist.
Und dient mit der Erfahrung
dem Grase jetzt als Nahrung.
Der Theodor, der Theodor -
kommt von da unten nicht mehr vor.
Ihr Mädchen zieht die Schlüpfer aus
von unten guckt hier Rebschens Klaus.
Die Büstenhalter laßt schön an -
ein Korbballspieler nebenan.
Vom Leben gezeichnet, den Pinsel geschwungen,
den Außenminister auf Leinwand gezwungen.
Dann noch einmal kunstgepfiffen
und den Hintern zugekniffen
Die Mücken nicht mehr pisecken
da unten Günter Giseken.
Ein armer Mundorganist,
Farbe, die weiß und geleimet ist
dazu Hering und Makrelle
liegen hier an dieser Stelle.
Hier unten kann schön onano
der liebe, kleine Hornano.
Bernardo liegt hier - ist nicht zu sehn
genauso wär es, würde er stehn.
Sein Plappermaul stand niemals still
es spricht ohn' Unterlaß,
was niemand hören will.
Ist 's Ernst oder nur Spaß?
Sein allerletzter Rennsteiglauf
hört hier, zwei Meter tiefer auf.
Krügerol und den Krug Bier,
die hat er gern genossen.
Drum hat man seine Asche hier
in einen Krug gegossen.
Hier liegen von Jochen
nur noch die Knochen.
Und in ein paar Wochen
haben die sich auch noch verkrochen.

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