Protokoll der Himmelfahrtsfahrt 2005 20. Ausfahrt moderner Zeitrechnung |
Vor 19 Jahren haben sich einige Männer, von denen fünf noch immer dabei sind, bei ziemlich schlechtem Wetter auf die erste Himfa begeben. Seitdem wird die Weltgeschichte in die finstere Zeit vor 1986 und die helle nach 1986 eingeteilt. Wie bei der olympischen Zeitrechnung beginnt mit jedem Himmelfahrtstag eine neue Himfajade. Die erste Himfajade reicht also von Adam und Eva bis 1986, die 20 bis zum 5. Mai 2005. Zur Feier dieses Tages treffen sich fast alle auf der Himfateilneli 2005 aufgeführten Männer am frühen Morgen auf dem Halleschen Hauptbahnhof. Die Wetteraussichten sind ähnlich schlecht wie vor neunzehn Jahren. Die Bahn hat uns allen den gleichen Zug zugewiesen, da diesmal Karsten die Fahrkarten besorgt hat. überhaupt ist die Organisation der wichtigen Dinge wie z. B. der übernachtungen sehr gut. Das haben Leute gemacht, die was davon verstehen. Der Aufgabenlose wird zum Aufgabenloseren
Im Zug sind viele unterwegs, auch solche mit hohen Stimmen und seltsam geformten und vergrößerten Brustmuskeln. Man könnte glauben es sind Frauen, aber das kann ja an einem solchen Tage nicht sein. Die Stimmung im Zug ist recht bescheiden, jedenfalls bis Merseburg, doch nun steigen Hans mit seinem Sohn dazu und da geht die Post ab. Umsteigen in Großheringen und dann kommt Kahla, wir steigen aus und der erste Höhepunkt wird die Ordensverleihung. Ja wie immer, Schilddrüse und Hüfte, richtiger Hüfte I - Hüfte II kommt erst später dazu - zeichnen sich gegenseitig als Hauptdeckel aus für 20malige ununterbrochene .... kraft männertäglicher ... . Hauptdeckel – das assoziiert so irgendwie ein wichtiges Teil in einer Kanalisation oder so. Zu Oberdeckel werden Bernhard, Jens und Uwe L.. Zum Glück haben sich die Fehler bei der Herstellung der Orden und der Ermittlung der Ordensberechtigung so ausgeglichen, daß auch für jeden ein Orden da ist.
Jetzt kann die Radelei beginnen. Wenn Kahla etwa 100 km von Halle entfernt ist, 200 m höher liegt und die Welt eine Scheibe ist, fährt man in Kahla los, läßt sich einfach rollen und ist ohne zu treten nach knapp einer Stunde in Halle, wo man eine Geschwindigkeit von mehr als 200 km/h erreicht hat. (Schiefe Ebene ; Physik Klasse 8 - Rechnung und Lösungsweg können gegen ein geringes Entgelt vom Protokollanten angefordert werden). Aber die Welt ist keine Scheibe, und es geht gleich steil bergauf. Wir radeln ein Stückchen, d. h. wir schieben das Rad bergauf und auf unwegsamen Wegen bergab und kommen zu einer Stelle, die als Frühstücksplatz geeignet ist, romantisch an einem See, eine Quelle, die das Wasser von unten aus dem Sand drückt, Addel erläutert noch weitere geologische Besonderheiten. Die Leuchtenburg ist von hier nicht zu sehen, da können wir Karstens Vortrag locker auf später verschieben. Hornano aus dem Schwabenland, einer Feinschmeckerhochburg, ist mit einer einfachen kalten Mahlzeit nicht zufrieden. Aus den unergründlichen Tiefen seiner Taschen zaubert er eine Feldküche hervor, kocht mit einem Dutzend Eiern und Schinken und Speck und was weiß ich noch eine warme Mahlzeit für die ganze Mannschaft. In seiner selbstlosen Fürsorge, oder weil er es sonst nicht losgeworden wäre, füttert er dann auch noch alle. Das ist ok. Hätte er versucht, diese Speise an herumstreunende Katzen zu verteilen, könnte es Schwierigkeiten mit dem Tierschutzverein geben. Irgendwann sind wir trotz warmer Mahlzeit und kalter wärmender Getränke soweit abgekühlt, daß wir gern weiterfahren um die Knochen zu erwärmen. Bald treffen wir auf Hüfte 2 mit seinem Auto und in der nächsten Gaststätte in Jägersdorf ein. Klausimausi berichtet über die Eisenbahn im Saaletal und macht seinen Doppelkinnstand. Die Leuchtenburg ist von hier unter gar keinen Umständen zu sehen, Karsten kann loslegen. Weiter geht es nach Jena. In Lobeda ein längerer Halt wegen einer Panne bis Hans bemerkt, daß sein Rucksack weg ist, sicherlich in der Kneipe in Jägersdorf vergessen, also fährt er schnell zurück und wieder her – ohne Rucksack. Trübsal will sich bei ihm breit machen, doch bevor sie ihn erreicht kommt die rettende Idee und seine Bestätigung – der Rucksack ist doch bei Werner im Auto. Nun durch Jene, wo es sich bekanntlich bene lebt und einem die Radelei in dieselben fährt, und zur Kirche, in der Schiller geheiratet wurde. Scharf war er ja auf die Schwester seiner Gattin, das kennen wir auch von anderen Bürgern und es interessiert auch nicht so – wir wollen gebildet erscheinen und lassen uns von Micha lieber über Schillers Einfluß auf die deutsche Sprache berichten, ein Meisterweg voller Schillerzitate. Peter läßt uns mit lebendigem Vortrag Napoleons Schlachten bei Jena und dem Rest der Welt so hautnah miterleben, daß wir uns selber als Sieger von Auerstedt, Leipzig und Waterloo fühlen. Wer Schiller sagt, muß auch Goethe sagen, wir fahren weiter und bald schillert Goethe bzw. dessen Erlkönig durch das Gebüsch, eine Figur von zweifelhaftem künstlerischem Wert. Vielleicht kann Herr Pfeifer durch nicht so exaktes Abmalen etwas retten. Nun ist Detlef verschwunden, dafür tritt eine furchterregende Gestalt auf den Plan und deklamiert Goethes Erlkönig, hat Masken vorn und an den Seiten und was weiß ich noch wo und ist mal der Erlkönig, mal der Vater, mal das Kind, dann gleichzeitig Erlkönigs sämtliche Töchter und auch noch das tote Kind und zwischendrin wohl das Pferd und die Bäume. Nur den Nebel hat sich jeder selber
gemacht. Begeisterung bei uns und allen dort anwesenden, darunter wieder massenhaft Männer mit ausgeprägter Brustmuskulatur. Wir haben aber keine Zeit uns diese näher zu Gemüte zu führen, die Dornburger Schlösser rufen.
Wir radeln weiter und schöpfen am Wegrand bei einer kurzen Rast frische Kraft. Als wir nun weiter wollen holt Hans seine Gitarre aus dem Sack und bringt ‚Das Schweigen 2005‘ zum Vortrage, ein Lied nach Hannes Wader, das die Stimmungen und Befindlichkeiten der Fahrten der letzten und er nächsten 20 Jahre in 8 Strophen zusammenfaßt.
Dann kommen bald die Dornburger Schlösser in Sicht, beeindruckend aus dem Tal heraus zu sehen. Wir wollen den Eindruck, den diese herrliche Kulisse auf uns macht, nicht zerstören indem wir eventuell einen ganz gewöhnlichen Blick von den Schlössern auf die Saale geboten bekommen und beschließen, nicht dorthin hinaufzuschieben. So bleiben uns diese Schlösser immer in guter Erinnerung, und daß diese sich festigt fahren wir die nächste Schenke an der Saale an. Das Wasser rauscht das Wehr hinab, die etwas kindlich veranlagten schmeißen die ganze Zeit Steine in und über die Saale, andere bekommen einen Vortrag vom Filzhut über Goethes Liebschaften, stark gekürzt, denn wenn man alles zum Vortrage bringt, was man diesem Manne (und dem Vortragenden) nachsagt, würden wir noch jetzt dort sitzen.
Zur Weiterfahrt testet der Filzhut sein Rad gegen das von Heinz aus und Filzhuts Rad gewinnt. Leider gibt es wohl kein Foto wie unser Pastor Keaton zwischen Rädern, Rahmen, Taschen und Rucksäcken liegt und nur mit vielfacher männertäglicher Kraft in die Vertikale gebracht werden kann. Dazu muß er sogar die Schuhe ausziehen um dem Gewirr entsteigen zu können, der Verfilzhut. Nur gut, daß die Doppelacht aus dem Vorderrad von Heinz durch den geschickten Hofmechanikus Jens herausoperiert werden kann. So können wir alle nach Camburg weiterfahren. Hier geht es auf die Burg hinauf. Die liegt auch nicht so hoch wie die Schlösser in Dornburg und außerdem sind wir ja bald in unserem Quartier in Zöthen– das beflügelt – vorerst! Vorher verabschieden wir Peter und Jens am Bahnhof, sie haben glaubhafte Ausreden für die vorzeitige Heimreise.
Ob Zöthen nun nahe bei Camburg liegt oder doch etwas weiter, ist eine Sache von persönlichen Vorstellungen. Daß Zöthen aber oberhalb von Camburg liegt, ist unbestreitbar. Gut mancher würde treffender ‚weit oberhalb‘ sagen. Als Belohnung für die letzte Bergtour (an diesem Tage) erwartet uns ein Landschulheim mit dem Charme derartiger Einrichten aus den Tagen noch vor der ersten Himmelfahrt. Aber gut, Charme haben wir selber und den versprühen wir. Wir finden Duschen und Betten und Werner hat alles in die Wege geleitet, daß der Grill bald saftige Steaks und Würstchen ausspuckt und gutes Bier seiner Bestimmung übergeben werden kann. Der erste Tag neigt sich dem Ende zu. Detlef verschwindet kurz und der Erlkönig erscheint noch einmal. Es empfiehlt sich bei Detlefs spätabendlichen Balladenvorträgen Abstand zu halten. Leicht kann es passieren, daß er plötzlich ein Kind auf den Arm nehmen will und da kommt ihm Uwe Lange grade recht, oder er braucht ein Pferd und schwups sitzt er auf Bernado – also Vorsicht! Oder wer möchte jetzt gar Erlkönigs sämtliche Töchter sein?
Der offizielle Teil der Himfa ist zu Ende, die 21 Himfajade hat begonnen. Das Protokoll kann sich kürzer fassen. Es sind noch so ungefähr 17 Männer, die sich am nächsten Morgen bei gutem Frühstück für die Fahrt nach Naumburg stärkten, nachdem am späten Abend Hans und Konrad still und heimlich verschwanden, wie sie gekommen waren. Sie wollten noch den letzten Zug nach Merseburg erreichen. Zunächst besuchen wir die Ruine der Cyriakiskirche mit ausgiebigem Verzehr der noch immer reichlich vorhandenen flüssigen und festen Vorräte. Nun kommen wir langsam in das Weingebiet und eine Panne ereilt ein Rad gleich neben einer Weinschenke und die Reparatur dauert zwei Schoppen lang. Dann wird die Rudelsburg längerer Aufenthaltsort Detlef wirft wieder die Feldküche an und ein Regenschauer verlängert den Aufenthalt. Dann durch Bad Kösen und eine Verschnaufpause in den Saalhäusern. Wir bestellen einen Radlerschoppen für dessen Geschmack der Filzhut Worte findet, die in keinem Duden oder Weinführer stehen und schon gar nicht in ein Protokoll gehören, obwohl wir da nicht zimperlich sind. Dann nach Schulpforta. Von hier ist es nur ein Katzensprung zu unserem Quartier, Luftlinie vielleicht 3 km. Auf Militärkarten ist das von uns durchquerte Gebiet als unpassierbar gekennzeichnet. Auf engen, glitschigen Wegen werden Rad, Bagage und Mann steil bergauf bewegt, begleitet von ächzen, stöhnen und fluchen. Endlich erreichen wir unser Quartier in Ferienpark Euroville, wo man gerne Euros will, wohl entworfen vom Hofarchitekten von McDonalds. Es gibt ein Abendbrot und wir finden uns dann bald in der zum Objekt gehörenden Kneipe wieder. Diese ist vom gleichen Architekten und wir erwarten keinen gemütlichen Abend, zumal der Bierfluß nur zögerlich das notwendige Tempo erreicht. Aber dann wird es doch sehr schön, wir beginnen zu singen und die wenigen anderen Gäste verlassen das Lokal. Doch der kunstverständige Wirt bringt uns zum Abschied das Gästebuch, weil es ihm so gut gefallen hat (oder weil wir endlich den Platz räumen). Der ganz harte Kern macht im Quartier noch ein bißchen weiter, eine Uhr wird Opfer der Ausgelassenheit und stellt ihr Ticken für immer ein.
Am nächsten Morgen wieder Frühstück mit undefinierbaren Getränken, oder können unsere
Geschmackspapillen guten Kaffee nicht mehr von schlechtem unterscheiden? Sachen packen und eine wunderschöne lange Abfahrt nach Naumburg hinunter. Hier trennt sich wieder die Spreu vom dem Weizen. Die fährt mit dem Rad nach Halle, der findet auf dem Hauptbahnhof eine Alternative.
Aktivitäten:
Karsten | Kahla und die Leuchtenburg |
Hans | Das Schweigen im Saaletal (2. Auflage) / Etappenhengst |
Michael | Der Dichter Friedrich Schiller und sein Einfluss auf die deutsche Sprache |
Filzhut | Ober-Ur-Mundschenk / Goethe und seine Dornburger Liebschaften |
Hoppi | 20mal schon ohne |
Fritze | Die Dornburger Schlösser (kurzgefaselte Baugeschichte) |
Werner | Kurze Geschichte der Saaleflößerei / Bagageverantwortlicher |
Theo | Entsorger / ViTheo-Dokumentator |
Jens | Diensthabender Mechanikus I / Fötiagitator |
Uwe L. | Quartiermeister / Feldnachrichtendienst I (FND) |
Hornano | Der Erlkönig bei Jena / Horni der Beschaller |
Uwe Pf. | Goethe als Zeichner / Skizzenbuch |
Tobias | Schiller als Bildhauer |
Klaus | Die Eisenbahn im Saaletal / DoKiSta |
Bernhard | Die Hussiten von Naumburg - Wahrheit und Sage in freier Interpretation |
Jochen | Burg Cam und die Cyriajsruine / Protokollante |
Heinz | Jena und die deutschen Burschenschaften / Berg- und Talfotograf |
Bernd N. | Die Herren von Lobdeburg wie die von Gleisberg / FND II |
Uwe S.-H | Dohlenstein, Teufelslöcher und andere geologische Besonderheiten |
Peter | Die Schlacht(en) bei Jena (und Auerstedt) von 1806 |
Smiley | diesmalig entschuldigt |