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Lützen 

Die Stadt Lützen und einige ihrer Nachbarorte haben weltgeschichtliche Bedeutung erlangt. Erwähnt sei die Zeit um das Jahr 933 als hier die Ungarn geschlagen wurden. Und schließlich fand am 6. November 1632 die Schlacht bei Lützen statt , in der die Kaiserlichen unter Wallenstein von den Schweden, geführt von König Gustav II. Adolf, der bei dieser Schlacht fiel, geschlagen wurden. Im Jahre 1813 war es dann Napoleon, der zwischen Lützen und Großgörschen gegen die verbündeten Russen und Preußen kämpfte. Wallenstein hatte im Lützener sein Hauptquartier. Auch der Preußenkönig Friedrich II. wählte es 1757 als Domizil.

 Schloß Lützen mit zahlreichen Ausstellungen - 9 000 Zinnsoldaten stellen Schlacht-Szenen nach

 Lützen, die kleine Stadt im Landkreis Weißenfels mit rund 4 000 Einwohnern, liegt am südlichen bzw. südwestlichen Rande der Leipziger Tieflandsbucht des Norddeutschen Flachlandes. Man spricht auch von der "Lützener Ebene." Mehrere Saale-Terassen, die aus der Eiszeit stammen, bestimmen die Landschaft. In dieser Region ist europäische Geschichte geschrieben worden. Napoleon, Scharnhorst, Seume, Nietzsche, Schinkel - es dürfte sich schwerlich ein anderer Ort finden lassen, der in solcher Vielzahl berühmte historische Persönlichkeiten vorweisen kann. Kriege machten Lützen historisch "berühmt": Der schwedische König Gustav Adolf und die Kaiserlichen um Wallenstein kreuzten 1632 die Klingen, 1813 kämpfte Napoleons Armee bei Großgörschen gegen Russen und Preußen. Einen kriegerischen Streifzug unternahm zuvor 1809 auch der Braunschweiger Herzog und sein Korps.

 Die federführenden Heerführer waren in der Wahl der Kriegsführung durchaus nicht zimperlich. So ließ Wallenstein die Stadt Lützen anzünden, um die rechte Flanke seiner Armee zu decken. Die Bevölkerun wurde in den Schloßkeller eingesperrt und ihrem Schicksal überlassen. Beide Schlachten sind in Form von Dioramen mit 3 600 bzw. 5 500 Zinnsoldaten dargestellt und im Schloßmuseum Lützen zu sehen. Die Reiterschlacht war aber nur die eine Seite, erwähnen muß man andererseits die verschiedensten Abgaben und Steuern, die die Bürger im 18. Jahrhundert aufbringen mußten. Dazu zählten beispielsweise Türmer- und Wächtergeld, Biermaßgelder, Branntweinblasenzins, Backofensteuer, Lehngelder, Schutzgeld von Hausgenossen sowie der Gewölbe- und Ladenzins." 1813 zählte die Stadt 1 274 Einwohner in rund 200 Häusern, 1815 fiel die Stadt im Ergebnis des 'Wiener Kongresses von Sachsen an Preußen. 

Bis zum Zeitpunkt der Kriege verlief in Lützen alles ruhig. Wahrscheinlich wäre der Ort ohne diese kriegerischen Auseinandersetzungen von Historikern nie erwähnt worden. Erwähnenswert hingegen ist der Floßgraben der Stadt und seine westliche Abzweigung, der Eller- oder Persebach, der durch Lützen fließt. Er wurde auf Befehl des sächsischen Kurfürst August in der Zeit von 1579 bis 1587 von 400 Arbeitern zum Holzflößen zu den Salinen von Poserna, Teuditz, Kötzschau und später auch Dürrenberg erbaut. Der 82 Kilometer lange Floßgraben ist also ein künstliches Gewässer, der heute von außerordentlicher biologischer und wasserwirtschaftlicher Bedeutung für die Stadt Lützen ist. In der Mitte des 13. Jahrhunderts ließen die Merseburger Bischöfe den Grundstein für eine Zollburg mit Wassergraben im Lützener Land legen. Frühzeitig hatten sie die günstige geographische Lage für die Errichtung der Burg erkannt. Kaufleute mußten hier, wollten sie Lützen auf dem Weg nach Leipzig passieren, einen Wegezoll entrichten. Der Merseburger Bischof Gebhard von Schraplau ließ die Burg zum Schloß umbauen. Umfangreiche Renovierungsarbeiten führte 1538 der Bischof Sigismund von Lindenau durch. Das Wasserschloß zeigte nun die Stilelemente der Frührenaissance. 1687 erfährt das Schloß unter Christian I. von Sachsen-Merseburg einen weiteren Umbau. 1815 wird das Gebäude Eigentum des Königreiches Preußens. Das nunmehr königliche .Schloß wird an den Gastwirt August Patzschke aus Lützen für 1000 Taler verkauft. Nach 1825 läßt dieser die obersten Etagen abtragen, leider fielen dem auch wertvolle Schmuckelemente zum Opfer.

Lützen schien die Dichter jener Zeit zu inspirieren. Heinrich von Kleist erwähnte das Schloß in seiner Novelle "Michael Kohlhaas", in der er die provisorische Weltregierung ausriefen ließ.

Die Stadt hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Die Pest wütete gleich mehrmals dort, und auch von größeren Bränden blieb die Stadt nicht verschont. Seit 1884 beherbergt das Schloß Schul- und Vereinsräurne, daneben wurde es von der katholischen Kirche zu Wohn- und Lagerzwecken genutzt, Nach dem 2. Weltkrieg wurden Umsiedler untergebracht. Neben Schulräumen existieren noch Werkräume und die Schulküche, zeitweise war hier der Jugendklub untergebracht. Von 1991 bis 1993 erfolgte eine umfassende Bergfried-Sanierung. Seit dieser Zeit ist auch die Besteigung des Turmes wieder möglich.

 Dem 1928 gegründeten Heimatverein wurden zunächst zwei Räume zur Verfügung gestellt. Seit den 80er Jahren wird der gesamte Schloßkomplex zu musealen Zwecken genutzt. Im Museum befinden sich heute zwölf Ausstellungsräume. Hier wird unter anderem auch der Nachlaß des Dichters Johann Gottfried Seume aufbewahrt, der mit seinem Werk "Spaziergang nach Syracus" berühmt wurde.

Um noch einmal auf die Befreiungskriege zurückzukommen: Alljährlich findet Anfang Mai auf den ehemaligen Schlachtfeldern rund um Großgörschen die Nachstellung des Gemetzels von 1813 in historischen Kostümen statt.

Lützen und Gustav Adolf

Lützen liegt - wie man ehemals sagte - vor den Toren vor Leipzig. Und es liegt auf der Route der Schweden zum Süden Europas. Wieso? Es ist eine Art Pilgerpflicht! Am 6. November 1632 wurde ihr König Gustav Adolf in Lützen erschossen, als Kämpfer für die protestantische Sache in Deutschland. Jedes schwedische Schulkind lernt in der Schule noch jenen Unglückstag als nationalen Höhepunkt.

Im dichten Nebel tastete sich die schwedische Armee vorwärts gegen die kaiserliche Armee unter dem Befehlshaber Wallenstein. Die Stadt Lützen brannte. Das hatte der kaiserliche General Wallenstein veranlaßt. Am Ortsausgang in Richtung Leipzig standen seine Kanonen. Aber sehen konnte man nichts. Der schwedische König sammelte seine Truppen jenseits der heutigen Straße. Irgendwo im Nebel waren die Kaiserlichen. Die schwedische Armee ritt an, Verwirrung brach aus wegen des Nebels, der König wollte alles ordnen. Er ritt los, mitten hinein in die feindlichen Truppen. So wurde er erschossen. Seinen Leichnam brachte man in die zunächst gelegene Kirche nach Meuchen, da Lützen vom Gegner besetzt war. Hier wurde der König auf einen einfachen Küchentisch gelegt, der heute noch in der Kirche zu sehen ist. Dann besannen sich die Schweden auf einen geordneten Rückzug, zumal die Schlacht unentschieden ausgegangen war. Sie überführten den König nach Weißenfels, dem nächstgelegenen großen Ort. Weißenfels hatte ein herausragendes stattliches Gebäude, das sogenannte Geleithaus. Hier wurde der König aufgebahrt und für die Überführung in seine Heimat vorbereitet.

Es ist alles schrecklich und erhaben zugleich. Heute kann man am 6. November, meistens in demselben Nebel oder zumindest in derselben Kälte, erleben, wie in Meuchen in der alten Kirche die deutschen Protestanten dieses Ereignisses gedenken, mit Posaunenchor und Festgottesdienst. Dann sammelt sich die Trauergemeinde erneut bei der Gustav-Adolf-Gedächtniskirche, auf dem ehemaligen Schlachtfeld gelegen. Hier ziehen die schwedischen Veteranen ein und nehmen Platz unter den Gedächtnisfahnen der schwedischen Regimenter. Wichtig auch die finnischen Regimenter; daher ist der Vertreter der finnischen Botschaft zugegen: "Damals waren wir noch vereint, jetzt nicht mehr." Der schwedische - lutherische - Pastor in Amtstracht der Hochkirche leitet den Gottesdienst, der deutsche Pastor in Luthers Talar assistiert. Und wieder bläst mächtig der Posaunenchor, und wieder ertönt wie in Meuchen - diesmal schwedisch durchsetzt - das Kultlied "Ein mächtige Burg ...". Wehe den Protestanten, die in Eisleben oder anderswo sagen: "Ich kann es nicht mehr hören"!

Dann kommt es: Nacheinander, gemessenen Schrittes, nicht enden wollend in der Kälte legen Kranzträger in strenger protokollarischer Ordnung ihre Gebinde nieder. Das ist vor der Kirche unter dem gußeisernen Baldachin, an dem Ort, wo der König gefallen ist. Der Baldachin ist von Schinkel, aber dennoch rostet er. Ein wenig gilt das auch für die Teilnehmer der Zeremonie. Diese Feierlichkeit ist - wie man heute sagt - "altersmäßig" in der Krise. Wird es weitergehen? Zu Zeiten der DDR war das keine Frage. Die Schweden kamen unerschütterlich. Es war ein Teil ihrer selbsterdachten Stellung zwischen West und Ost, daß man kam, gerade weil es die DDR-Oberen nicht gern sahen. Und die Einheimischen kamen, weil ausländische Fremdwesen kamen. Und jetzt?

 Was soll das? Die Antwort kann nur eine Einladung sein. - Die Schweden haben das ehemalige Schlachtfeld aufgekauft, damit es nicht bebaut werden kann. Das ist nämlich eine Gefahr, denn es gehört zum "Speckgürtel" von Leipzig. "Spinner" aus Weißenfels wollen daraus ein Freilichtmuseum machen, mit lauter Kreuzen. Der Bürgermeister von Lützen: "Da sind wir völlig dagegen!". Die Schweden selber haben in der Gedenkstätte - untergebracht in Schwedenhäusern, die ein wenig an die historisch verwandten Nyssen-Hütten erinnern, ihre Version: eine schreckliche Schlacht, wie sie nicht sein dürfte. Die Botschaft der Ausstellung ist für deutschen Geist heilsam: Eine schreckliche Schlacht, die nicht sein dürfte und auf die sie stolz sind. Das soll erst einmal einer begreifen.

Trotz der einzigartigen Zeremonie: Lützen liegt am 6. November im Zweifelsfall im Nebel, und es ist kalt. Also wird kaum jemand kommen. Wiewohl: Ein neues Hotel wurde Ostern 1997 eröffnet in der Stadt Lützen. Gut ist es im August. Hier finden deutsch-schwedische Tage statt. Der Besuch in der Gustav-Adolf-Gedenkstätte liegt nahe, die Besichtigung der Kirche in Meuchen ist ein Muß.

Aber: Lützen ist etwas Wichtiges für unser historisches Bewußtsein. Aufschlußreicher wird es noch dadurch, daß die Schweden es sich nicht haben nehmen lassen, eine eigene Ausstellung in der Gustav-Adolf-Gedenkstätte zu konzipieren. Das kann uns etwas lehren. So kann man Geschichte auch sehen.

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