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Protokoll der Himmelfahrtsfahrt 2003
18. Ausfahrt moderner Zeitrechnung

Die diesjährige Fahrt ist einmalig kosmisch und komisch wie immer. Am 16. Mai ereignet sich eine totale Mondfinsternis. Der Mond geht verdunkelt über Deutschland auf. Seit alters her ein sicheres Zeichen für bevorstehende Seuchen, Erdbeben oder Hungersnöte. In diesem Jahr gilt dieses kosmische Zeichen der Himmelsfahrtsfahrt, zu der sich 20 der 21 auf der Himfateilneli 2003 verzeichneten Männer aufmachen. Karsten kann leider nicht dabei sein. Wie der Protokollant, entgegen anderslautender Zeugenaussagen, aus gut unterrichteten Kreisen erfahren hat, ist er auf dem Friedhof in Ilsenburg Opfer einer körperlichen Auseinandersetzung geworden, bei der es darum ging, wessen Vorfahren ein bestimmter Grabstein gelte. Wurde in früheren Zeiten anschließend bei einem Tatverdächtigen danach der Hals dick, galt dies als sicheres Zeichen seiner Schuld und eine Operation an der Schilddrüse fände auf dem Marktplatz durch den Scharfrichter statt.

Der Zug fährt pünktlich um 7.25 Uhr vom Hauptbahnhof Halle/Saale ab. Sogar Hans ist schon von Anfang an dabei. Die Fahrt ist ohne besondere Vorkommnisse, Klausimausi outet sich als begeisterter Niederflurstraßenbahwagenfahrer. Umsteigen in Sangerhausen und kurz vor 9 Ankunft in Artern. Hier gibt es zwei Orden, einen für Hans und einen für Hornano. Nächste Station ist Kalbsrieth, wo in einem Vortrag von Micha besonders Hoppis Onkel Johann Wolfgang gewürdigt wird. Weiter zum Derffliger, der, wie wir dort erfahren, ein mehrfach belegtes Massengrab aus alten Zeiten ist, zur Frühstückspause. Wenn so ein Duft von Verblichenen in der Luft liegt entwickeln Genealogen ein besonderes Verhältnis zu ihrer Umwelt. Hat Hoppi im vergangenen Jahr die Aufenthaltsberechtigung vorbeiradelnder Frauen in freier Natur am hochheiligen Männertag lauthals bezweifelt, so bleibt er unter dem Eindruck dieses Duftes, der von normalen Menschen gar nicht wahrnehmbar ist, davon völlig unberührt. Die Damen radeln unbehelligt vorbei, Hoppi hat überdurchschnittlichen Appetit, atmet tief und ist mit sich und der Welt zufrieden.

Dann Bottendorf, wo es sogar Bier vom Faß gibt, und der Filzhut, der mit den Gedanken nach vorzeitigem Abbruch der Fahrt schon lange schwanger geht, diesen nun gebiert. Er verläßt uns, und der clevere Smily bietet sich als Begleitperson an. Da waren’s nur noch 18. Irgendwo davor hat Werner seinen Vortrag zum Thema „Mühlen und Schleusen am Wege“ gehalten, der wegen seiner Prägnanz, und falls ihn jemand nicht ganz mitbekommen hat, hier vollständig wiedergegeben werden soll: „ölmühle“ – und fertig. übertroffen wird er aber bald in Roßleben vom Vortrag von Tobias, der hier nicht wortwörtlich erscheint, und von Hans Vortrag über das Schweigen im Walde, den der Protokollant nicht bezeugen, also nicht weiß ob er überhaupt gehalten wurde, sich ihn aber trotzdem lebhaft vorstellen kann. Onkel Neuenfeldt würdigt an der Klosterschule Leopold v. Ranke und es geht nun auf den Wendelstein mit Vortrag von Herrn Dörheit. Es ist fast Mittag, zu dieser Zeit beginnen vermutlich die Musen ihre Lieblinge zu küssen und der Herr Hofmaler ist nun Willens und in der Lage, seine erste Skizze zu machen.

Ein Höhepunkt in geschichtlicher und architektonischer Hinsicht wird das Kloster Memleben. Wir sind natürlich aus dem Zeitplan und wie wir so in der neuen Klosterkirche stehen, ruft genau da Karsten an um seinen Vortrag am Telefon zu halten – ganz zufällig! Hoppi brüllt durch die Ruine was ihm Karsten ins Ohr flüstert, oder auch ganz was anderes. Fritz fragt: „War das Reiner Zufall?“ Antwort: „Nein, Karsten Eisenmenger!“ Hornano kommt auch so langsam auf Touren und produziert mit Peter und Micha als verfressener Hexe, die dann eine schöne Jungfrau wird, die erste längere Ballade.

Und weil das alles so schön war, folgt mit dem Aufstieg zum Fundort der Himmelsscheibe von Nebra die Strafe auf dem Fuße. Bei Hornano bricht die Halterung des Sattels. Mit Jenzis Hilfe gelingt es, mittels einer herumliegenden Latte, die unter den Sattel geschoben diesen nun hält, ein Sitzen auf demselben zu ermöglichen. Sollte das mal in einer Gegend ohne passendes Holzstück passieren, ist es angebracht eine Viagra dabei zu haben, die dann für einige Stunden das notwendigen Hilfsmittel bereitstellt. Oben am Fundort der Scheibe sind Mitarbeiter des Archäologischen Landesamtes dabei, sich durch Verleihen eines Modells der Scheibe gegen eine kleine Spende, die Verpflegung für den Himmelsfahrtstag zu finanzieren. Ansonsten graben sie wohl da oben weiter auf der Suche nach sensationellen Fundstücken. Was wäre das für ein Ding, wenn ein Skelett zum Vorschein käme unter einem Grabstein mit der Aufschrift „Hier ruht unser Hoppi, der Hofsteher“ oder eins mit einer Tafel um den Hals „Das ist Kunibert. Hingerichtet weil er in unsere Bronze Eisen mengte“. Das bekommen wir schon noch hin, diese Freude organisieren wir unseren Genealogen, für die nichts schöner ist, als auf ein langes Geschlecht zu blicken, besonders wenn es ihr eigenes ist. Fritz hatte schon einen Spaten mit, kam aber leider nicht zum Einsatz. Er sollte auch mal in seinem Keller nachsehen, ob da nicht eine alte Flasche rumliegt. Da ritzen wir dann in Runen „Ur-Krostitzer“ ein und legen sie dazu.

Weiter im Ziegelrodaer Forst, durch ein ehemals von Russen militärisch genutztes Gelände. Als wir durch sind erfahren wir auf einem Warnschild, daß das Betreten dieses Gebietes verboten ist weil Lebensgefahr besteht. Wie leicht hätte aus der Himmelfahrt ein ebensolches Kommando werden können. Diese Durchfahrt haben wir alle heil am Leib überstanden. Den Schaden, den unsere Seele genommen hat, heilen wir bei einem Zwischenstopp mit einem Kasten Bier und erreichen alsbald Winkel mit seiner feinen Kirche. Die Pastorin spielt auf der Orgel, spendiert uns Bier, das wir im gleich im Gotteshaus trinken und erklärt uns die Kirche, z. B. sind die Stühle aus dem Haus des Lehrers in Halle. Auf dem Friedhof liegt jede Menge Verwandtschaft von Hoppi, wie aus einem (von ihm selbst verfaßten) Artikel in einem käuflich erwerbbaren Heft zu entnehmen ist. Zum Abschied spielt Hornano ‚ännchen von Tharau‘, was aber nicht so recht gelingen will. Seine Erklärung, daß das fis auf seinem Horn abhanden gekommen ist, ist einfach lächerlich und unglaubwürdig, als hätte so ein Horn eine fis-Pfeife. Ein ausgekochter Profi hätte es „Variation über „ännchen von Tharau“ ohne fis “ genannt in Fachzeitschriften überschwengliche Kritiken geerntet und den Kunstpreis des östlichen Saalkreises einstecken können.

Dann geht es nach Wolferstedt, wo wir die beschauliche Ruhe des Dorfes an einem sich neigenden Feiertag mit der Okkupation der Dorfkneipe jäh und nachhaltig unterbrechen. Und natürlich ist es wieder Hornano, der durch überlautes Singen und Schlagen des Taktes mit der Faust auf den Tisch, daß Gläser und Aschenbecher nur so springen, auffällt. Na, sei es ihm gegönnt, daß er sich mal ohne kritische Beobachtung durch Schwaben, Frauen und Schwiegervater austoben kann.

Endlich geht es dann, ohne Peter, der wieder zu seinem geliebten Zucker muß und die Heimreise antritt, in unser Quartier nach Othal. Filzhut und Smiley sind hier schon heimisch geworden und haben Grill und Getränke präpariert, so daß wir nach kurzer Erholung den Tag in bewährter Manier ausklingen lassen können. Hoppi trägt eine Ballade vor, schauspielerisch untermalt von Filzhut, Jochen und Hornano, der seine Rolle so realistisch spielt, daß seine Schauspielerkollegen unter Schmerzen die Bühne verlassen. Im Zivilleben hätte es zu einer Anzeige wegen Körperverletzung gereicht. Uwe Lange kommt zu seinem Vortrag über Bergbauspuren, der ihm nur dazu dient das Wort zu erhalten und für eine Reformation der Ordensregeln zu plädieren. Jochen hat für kurz nach 22 Uhr einen überflug der Internationalen Raumstation ISS bestellt, der dann pünktlich stattfindet. Das wird aber schon nicht mehr von allen wahrgenommen. Jens und Smiley haben einen Himmelfahrtblues verfaßt, den Sie zum Vortrag bringen. Für diesen viertelstündigen Vortrag hat Jens seine Gitarre mitgebracht, sie den ganzen Tag nur zu diesem Zweck mit sich rumgeschleppt – lobenswerter Einsatz. Am Lagerfeuer noch eine Ballade von Hornano, die solange dauert, daß man währenddessen locker zwei Flaschen Bier trinken kann. Anschließend jongliert Bernd Neuenfeldt mit brennen Stäben, leidlich assistiert von Smiley.

Nach und nach verziehen sich die Himmeltagshelden in ihr Quartier. Am nächsten Morgen hat sich Klausimausi schon im Dunkeln unter irgendwelchen fadenscheinigen Gründen aus dem Staube gemacht. Bernhard hat Geburtstag. Wir singen ihm ein Lied und es gehört wohl zu den glücklichen Umständen der Tour, daß es kein Tondokument von unserem Ständchen gibt. Die Heimreise in gewohnter Manier in zwei Gruppen, die eine mit, die andere ohne Unterstützung der Bahn.

Am 31. Mai geht die Sonne verfinstert auf und diese Sonnenfinsternis verkündet das Ende der schrecklichen Zeit, deren Beginn die Mondfinsternis anzeigte. Die Welt ist wieder im Lot.



Nachtrag: Frau Birthe hat uns unser Geschenk für die Ganztagsbetreuung von Hoppi vom letzten Jahr bei dieser Fahrt überreichen lassen. Das soll dann wohl für diese Fahrt gleich mitzählen – wir werden wohl kein weiteres bekommen.

    Aktivitäten:

Karsten Die Scheibe im Forst von Ziegelroda
Hans Das Schweigen im Walde / Etappenhengst
Michael Die Dichterfürsten und Kalbsrieth
Filzhut Der Unstrutwein / Als Urdekl unahngreifbare Ordensperson
Hoppi 18 mal schon ohne
Fritze Heinrich und Otto, die Untoten von Memleben
Werner Mühlen und Schleusen am Wege
Theo Endsorger / Kameradokumentator
Jens Diensthabender Mechanikus I / (Altenhilfe) / Fötiagitator
Uwe L. Bergbauspuren bei Winkel / Feldnachrichtendienst I (FND I)
Hornano Beschall mitHornanissimatutentüte 
Uwe Pf. Skizzenbuch
Tobias Berühmte Klosterschüler in Rossleben und anderswo
Klaus Wer war Derfflinger? / DoKiSta
Bernhard Eulenspiegel am Schand von Ziegelroda (eine alte Sage)
Jochen Die neue Klosterkirche Memleben / Protokollante
Heinz Die alte Klosterkirche Memleben / Berg- und Talfotograf
Bernd N. Leopld v. Ranke und das Unstruttal bei Wiehe / FND II
Uwe S. Die Unstrutlandschaft
Peter  Kleine Burgenkunde – Der Wendelstein
Smiley Für Teilnehmer wohlfeiler Jux- und Jonglator

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