Schulpforte
- Zisterzienserkloster und Landesschule gegründet 1137
Wer unterwegs ist im südlichsten Zipfel von
Sachsen-Anhalt, den lädt an der "Straße der Romanik" zwischen Naumburg/ Saale
und Bad Kösen das altehrwürdige Kloster Schulpforte zum Besuch ein. Das Kloster, das
heute als Gymnasium und Internat genutzt wird, kann auf eine jahrhundertelange
Vergangenheit zurückblicken.
1137 kamen die ersten Mönche ins Saaletal bei Naumburg, um hier ein neues Kloster zu gründen. Sie gehörten dem Zisterzienserorden an, der 1098 als Reformorden in Frankreich entstanden war. Die Anhänger des Ordensgründers Bernhard von Clairvaux sahen sich selbst als Asketen, Handwerker und Bauern. Daher legten die Mönche selbst mit Hand an, um das Saaletal zu kultivieren. Heute zeugen die alten Klostergebäude, die Weinberge bei Schulpforte und die "Kleine Saale", die das Kloster und seine Mühle früher mit Wasser versorgte und erst dorthin geleitet werden mußte, von der Leistung der Ordensbrüder. Bis zum 15. Jahrhundert vermehrte sich der Grundbesitz des Klosters so stark, daß die Ordensgemeinschaft zu den größten Grundbesitzern im mitteldeutschen Raum gehörte. Mit dem wachsenden Reichtum des Klosters ging jedoch der Verfall der einstigen Mönchsideale einher. So ließen die Mönche Laienbrüder für sich arbeiten, um sich ganz ihrer geistigen Tätigkeit widmen zu können, obwohl sie dabei ihre Ordensregel "Ora et labora!" (Bete und arbeite!) mißachtete.
Im November 1540 wurde das Kloster im Zuge der Reformation von der herzoglich-sächsischen Regierung aufgelöst. Die Gebäude blieben aber nicht lange ungenutzt. Auf Betreiben des Landesherrn und späteren Kurfürsten Moritz von Sachsen entstand im früheren Kloster eine Landesschule, um für Sachsen Verwaltungsbeamte, Lehrer und Theologen auszubilden. Als weitere sächsische Landes- und Fürstenschulen wurden etwa zur gleichen Zeit St. Afra in Meißen und St. Augustin in Grimma eröffnet.
Im November 1543 nahm die Landesschule Pforta zunächst 100 Jungen auf, später waren es 150 und seit Anfang des 19. Jahrhunderts schließlich 200 Schüler. Vom reichen Landbesitz des früheren Klosters konnten immer Freistellen finanziert werden. Dieses System der Freistellen, durch das die Aufnahme der Schüler von den finanziellen Verhältnissen im Elternhaus unabhängig gemacht wurde, blieb weiter bestehen, als Schulpforte 1815 preußisch wurde. So konnten die Schüler vor allem nach ihrer Begabung ausgewählt werden.
Die eigentliche Glanzzeit Schulpfortes begann, als die preußische Regierung 1819/ 20 eine Schulreform veranlaßte. Neben den von Anfang an mit besonderem Nachdruck betriebenen Studien in den alten Sprachen, Deutsch, Musik, Arithmetik und Französisch wurden nun auch Turnen, Geschichte, Geographie und Physik als reguläre Unterrichtsfächer eingeführt. Die nachmittäglichen Arbeitsstunden und der wöchentliche unterrichtsfreie Studientag, an dem die Schüler selbstgewählte Themen ausarbeiteten, blieben erhalten. Nicht nur das Lernen stand in Schulpforte im Mittelpunkt, sondern immer auch die Einheit von Schule und Internatsleben. Dabei beauftragten die Lehrer, die als Tutoren wirkten, die älteren Schüler mit der Verantwortung für die Jüngeren. Bedeutende Schüler waren zum Beispiel Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803), Dichter; Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), Philosoph; Leopold von Ranke (1795-1886), Historiker und Friedrich Nietzsche (1844-1900), Philosoph.
1935 wurde die Landesschule in eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) umgewandelt. Damit endete vorerst die jahrhundertealte Bildungstradition der Schule. In der Zeit der DDR mußten die humanistischen Bildungsideale der Erziehung der Schüler zu "sozialistischen Persönlichkeiten" untergeordnet werden. Ab 1951 konnten auch Mädchen die Schule besuchen. Heute versucht die Landesschule Pforta, die sich in der Trägerschaft des Landes Sachsen-Anhalt befindet, wieder an die Bildungs- und Erziehungstraditionen der Zeit vor 1935 anzuknüpfen und dabei ebenso heutigen Anforderungen an eine Schulbildung gerecht zu werden. Das Lehrangebot sieht drei Schwerpunkte vor: Musik, Sprachen (auch Altgriechisch und Latein) und Naturwissenschaften. Es besteht der Anspruch, in der Einheit von Schule und Internat Bildung zu vermitteln, die über die Anforderungen zur allgemeinen Hochschulreife hinausgeht. Die Tradition, begabten Schülern einen Schulbesuch mit besonderer Förderung, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern, zu gewähren, besteht weiter. Nach einem Auswahlverfahren kommen die Schülerinnen und Schüler von der 9. bis zur 12. Klasse nach Schulpforte.
Karl Friedrich Bahrdt (1741-1792) - Mir wurde die Schule zur Hölle