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Kyffhaüser

Das Kyffhäusergebirge ist der" kleine Bruder" des Harzes. Dennoch stand gerade hier zur Zeit Kaiser Barbarossas eine gewaltige Reichsburg, und auf dem Pfingstberg in Tilleda konnte eine der bedeutendsten Kaiserpfalzen des Mittelalters ausgegraben werden.

Das Kyffhäusergebirge, mit 13 Kilometern Länge und 6 Kilometern Breite der "kleine Bruder" des Harzes, ist von ihm nur durch die Goldene Aue getrennt und hat exakt denselben geologischen Aufbau. Granit und Schiefergesteine biIden seinen Sockel, roter Sandstein aus der Karbonzeit seine Höhen. Wie am südlichen Harzrand, dominieren auch im Süden des Kyffhäusers Kalkstein und Gips aus der Zechsteinzeit. ähnlich wie weiter in Norden gibt es auch hier große Höhlen, wie etwa die BarbarossahöhIe. Durch die Abtragungen von oben und die Aufschwemrnungen in der Goldenen Aue reicht der höchste Punkt des Kyffhäusers gerade noch bis auf 473 Meter, gegenüber der Goldenen Aue sind es knapp 300 Höhenmeter.

Daß der Kyffhäuser so vielen Leuten ein Begriff ist, liegt also kaum an seiner geographischen Größe. Verantwortlich dafür ist die sich um den Berg rankende Sage. Nach ihr soll Kaiser Friedrich Barbarossa schlafend im Kyffhäuser sitzen, aber eines Tages aufwachen und zur Rettung seines Vaterlandes aus großer Bedrängnis wiederkehren. Solange das aber nicht geschehen könne, würden die Raben weiter um den Berg fliegen, und der Bart von Barbarossa wachsen und sich mit dem Fels verschmelzen (Friedrich Rückert: Barbarossa). Als nach dem Tode von Kaiser WiIhelm ein nationales Denkmal zur Erinnerung an den Begründer des Zweiten Deutschen Reiches, ein "Siegesmal der Nation als Ausdruck der Wehrhaftigkeit" geschaffen werden sollte, entstand Kaiser Barbarossa genau nach diesem Vorbild mit Bart im Fels. Darüber jedoch ließ man stolz Kaiser Wilhelm 1. zur Verherrlichung des Hauses Hohenzollern reiten. Das Denkmal mit dem monarchistischen und nationalen Beigeschmack wurde am 18. Juni 1896 eingeweiht und überstand sowohl die beiden Weltkriege sowie den ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaat.

Weitaus unverfänglicher ist es, sich den geschichtlichen Tatsachen am Kyffhäuser zuzuwenden. Zum einen ist das die alte Kaiserpfalz bei Tilleda, zum anderen die weitläufige Burgruine Kyffhäuser.
Ab 1935 wurde diese Kaiserpfalz am Tilledaer Pfingstberg ausgegraben. Dabei kamen in der Oberburg die Grundmauern der Kirche zutage, an sie schloß sich der Wohnraum des Kaisers an, Eine anschließende Halle mit gut erhaltenem Gipsestrich diente dem Hofstaat für Versammlungen und Festlichkeiten. In einem Wohngebäude fand sich sogar nach römischem Vorbild eine Warmluttheizung. Wälle und Gräben trennten die Hauptburg von der Vorburg. Die gesamte Burg war auf einer Länge von 350 Metern und einer Breite von 250 Metern mit einer Mauer umgeben. In der Vorburg wohnte die ständige Burgbesatzung, die den Hof bei Anwesenheit zu versorgen hatte und im übrigen für die Sicherheit zuständig war. Entsprechend wurden reine Wachhäuser ohne Feuerstelle, Wohnhäuser mit offenen Feuerstellen und Wohnhäuser mit Öfen freigelegt. Gefunden wurden auch verschiedene Speicher, eine Schmiede und zwei Webereien. Von Tilleda nimmt man den Wanderweg hinauf zur Burgruine Kyffhäuser und zum alles überragenden Kyffhäuserdenkmal. Die Burg Kyffhausen gehörte während ihrer Blütezeit zu den größten deutschen Burgen und nahm von dem insgesamt 800 Meter langen Grat des Burgberges nicht weniger als 600 Meter ein. Die Breite betrug dabei bis zu 50 Meter, und das Ganze war durch Gräben in drei Abschnitte, die Unter-, die Mittel- und die Oberburg, geteilt. Der älteste Teil ist die gegen die Kaiserpfalz vveisende Unterburg. Sie wurde wohl n der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts zum Schutz der Kaiserpfalz errichtet. Bereits 1118 wurde die Burg von den Sachsen eingenommen und zerstört.
Kaiser Friedrich Barbarossa ließ die Burg größer und stattlicher wiederaufbauen, doch schon 1178 wurde sie erneut, diesmal von den Thüringern, zerstört.

Die Ruinenreste der Unterburg wurden bis 1938 ausgegraben. Dabei zeigte sich, daß dieser Teil der Burg durch eine Quermauer in einen Vorhof und einen Innenhof gegliedert war. Nachgewiesen wurde auch, daß der Rundbau im Innenhof ursprünglich die Burgkapelle war. Der heute noch als Kapelle kenntliche Raum mit Apsis stammt aus der zweiten Bauperiode der Burg. Sie diente bis zur Reformation als Wallfahrtsort, Die verwirrenden Grundmauern markieren Keller, über denen erst die Wohngebäude standen. Geschützt war die Unterburg mit einer gut 10 Meter hohen Ringmauer.

Der gesamte Bereich der Mittel- und Oberburg wurde durch den Denkmalsbau stark in Mitleidenschaft gezogen. Reste sind heute nur noch von der Oberburg erhalten. Ihr Wahrzeichen ist der weithin sichtbare Barbarossaturm, der im Auftrag von Kaiser Friedrich I. aus Bossenmauerwerk errichtet wurde. Er war ursprünglich etwa 30 Meter hoch und diente als Wohnturm. Über seinem Untergeschoß lagen drei Wohngeschosse, wobei der einzige Zugang zum Turm im mittleren Wohngeschoß in etwa 10 Metern Höhe lag. Dieser Bergfried war vom übrigen Teil der Oberburg durch einen tief in den Felsen gehauenen Halsgraben getrennt. Über ihn führte eine Zugbrücke. Zu sehen sind ansonsten nur noch Reste des Torturmes und einiger Wirtschaftsgebäude sowie der 176 Meter tief aus dem Gestein gehauene Burgbrunnen. Zugänglich war die Oberburg durch das in seinem unteren Teil erhaltene, sogenannte "Erfurter Tor" unterhalb des Denkmals. Es war als einfaches Kammertor ohne Zugbrücke und Schießscharten konstruiert. Verteidigen konnte man es also nur von den Zinnen und Wehrgängen aus. Details zur vvechselvoilen Geschichte der Burg, zur Kaiserpfalz Tilleda und zur Kyffhäusersage finden sich im Burgmuseum.

Heute wird der gesamte Burgberg von dem riesigen, insgesamt 81 Meter hohen Kyffhäuserdenkmal dominiert. Den unteren Teil bildet der sogenannte Barbarossahof mit der sitzenden Gestalt von Kaiser Friedrich Barbarossa mit dem in den Fels gewachsenen Bart. Darüber liegt die Turmterrasse mit dem eigentlichen 57 Meter hohen Denkmal. Seine Ostseite ziert der insgesamt 8,76 Meter hohe Wilhelm I., natürlich hoch zu Roß. Das wohl schönste am gesamten Denkmal ist die Aussicht von seinem Turm. Sie umfaßt das gesamte Kyffhäusergebirge, die Goldene Aue und weite Teile des Harzes.

Knapp 5 Kilometer westlich von Bad Frankenhausen liegt am Südhang des Kyffhäusergebirges die Barbarossahöhle, Der Sage nach soll hier Kaiser Friedrich Barbarossa in einem unterirdschen Schloß schlafend sitzen (daher die Darstellung im Kyffhäuserdenkmal). Tatsächlich ist die Barbarossahöhle eine Gipshöhle mit kristallklaren Seen, malerischen Grotten, weit gespannten Gewölben und überraschend bizarren Gesteinsformationen. Die Höhle ist insgesamt etwa 800 Meter lang, ihre absolut klaren Seen sind bis zu 4 Meter tief. Einzelne Räume sind bis zu 25 Meter hoch.

Quelle: Regio-Atlas Harz; RV Reise- und Verkehrsverlag GmbH; 2. Auflage 1994